DIE SALONIKER STRASSENBAHN

Die Saloniker Strassenbahn
fing vierzehn Tag vor Adam an
gebaut zu werden und seitdem
schien jede Änderung unbequem.
Drum fährt das alte Unikum
in seiner Urgestalt herum.
Es wird zwar hie und da gestrichen,
doch ist die Schönheit bald verblichen
und die gewohnte Schmutzigkeit
beweist des Südens Heiterkeit.

Wo anders gibt es Straßenbahnen,
die von den Segnungen nichts ahnen,
die hier seit vielen langen Jahren
der Stolz der Eingebornen waren.
Wenn sich die andern alle reißen,
die Schienen zeitgerecht zu schweißen,
so läßt man diese hier gerissen.
Man wird zwar hin und her geschmissen,
doch übt sich drin der letzte Bauch,
dann geht es grad so gut so auch.

Wer raus will, einmal deutlich läutet,
wogegen zweimal Start bedeutet,
und viele Male wird gebimmelt,
wenn es von Leuten nur so wimmelt ,
die unbedingt hinaus noch wollen,
obwohl sie nun schon wieder rollen.
Der Fahrer aber wieder klingelt,
wenn er die andern überringelt,
die außer ihm dieselbe Reise
vollführen noch auf ihre Weise.

Dies ist in Thrakien wohlbekannt,
drum sind die Wagen immer überrannt,
und vollgepfercht bis fast zum Platzen.
Zum Sitzen kommen nur die Allerersten,
die Letzten hängen dann bei allen Wettern
an Puffern, Tritt- und Fensterbrettern.
Der Schaffner ist wo eingeklemmt,
weshalb er nicht kassieren kömmt.
So wird ein jeder baldigst hier
geübter blinder Passagier.

Den Nachteil hat die Straßenbahn,
daß man umsonst nicht fahren kann.
Der Meinung sind nun manche nicht,
worauf sofort ein Streit ausbricht.
Wobei aus offenbaren Gründen
die einen dieses richtig finden.
Bei andern rechtliche Gefühle walten,
worauf sie's mit dem Schaffner halten.
So wird die länggste Zeit gestritten,
gar oftmals an- und abgelitten.

Doch ist's wie überall auf Erden:
handgreiflich sollte keiner werden,
sonst wächst der Streitfall immer mehr
und hindert arg den Tramverkehr.
Wir könnten drauf ein Liedlein singen,
wie Wagen aus den Schienen springen,
wie Leute falsch herunterfallen
und Autos an die Trambahn prallen.
Wenn dann die Straßenbahnen stehen,
muß man zu Fuß zum Werken gehen.

Noch etwas ist für's Fahren wichtig
Und ohne es wird alles nichtig.
Dies wußte schon der alte Ohm
(Sie wissen's auch): es ist der Strom.
Fehlt dieser, was nicht selten ist,
dann steht verteilt der ganze Mist.
Du stehst im Zentrum, willst nach außen,
Du willst nach innen und bist draußen.
Zum Himmel steigt ein Racheschwur,
sie grinst nicht, sondern steht nur stur.

Dies war in Kurzem nur geschildert
(zum Teil stark durch Humor gemildert)
die Saloniker Straßenbahn.
Und wenn du fährst, dann denk daran,
welch Seltenheit, von Ruhm bedeckt,
mit tausend Tücken ausgeheckt,
mit dir durch Saloniki schwankt.
Und wer sich ehrlich ist, der dankt
dem Saloniker Magistrat,
daß er solche schöne Sachen hat.